Über Lebensumstände und Lebensdaten des Herrn Dr. Eugen Rehfisch ist wenig bekannt. Ob er im Jahre 1862 geboren ist, konnten wir nicht belegen. Seine Publikationstätigkeit lässt aber Rückschlüsse auf seine berufliche Laufbahn und seine wissenschaftlichen Interessen zu. In der Deutschen Medizinischen Wochenschrift findet sich 1895 eine Arbeit „Ueber acute Spermatocystitis" aus der Poliklinik des Herrn Privatdozenten Dr. Leopold Casper. Ein Jahr später erschienen ebenda „Neuere Untersuchungen über die Physiologie der Samenblasen", die er im ersten anatomischen Institut in Berlin vornahm. Es ist auch nachzuweisen, dass Rehfisch zusammen mit Leopold Casper (1859 1959) an der Weiterentwicklung des Zystoskops zur Ureterenkatheterisierung arbeitete.
Seine für uns wichtigen Untersuchungen „Ueber den Mechanismus des Harnblasenverschlusses und der Harnentleerung" führte er im Physiologischen Institut der Berliner Universität unter Mithilfe des Herrn PD Dr. Rene du Bois Reymond und unter Anleitung von Prof. Dr. J. Munk durch. Die Ergebnisse wurden in Virchow's Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie 1897 auf 40 Seiten publiziert. Dabei war wichtig für ihn, welchem der Sphinkteren die entscheidende Bedeutung für die Kontinenzerhaltung zukommt. Dazu führte er Hundeversuche durch. Weiterhin suchte er eine Antwort auf die Frage, wie die normale Miktion eingeleitet wird und warum der Detrusordruck bereits vor Miktionsende absinkt. Dieses Problem wollte er am Lebenden klären. Er entwickelte die Versuchsanordnung, die wir aus mehreren Publikationen über die Geschichte der Urodynamik kennen (Abb. 1). Über einen Katheter wurde angewärmte Borsäurelösung in die Blase instilliert. Ein Dreiwegehahn erlaubte die Messung des Blasendruckes mit einem GAD'schen Blutdruckmessgerätes. Unter die Urethralmündung wurde ein Trichter gestellt, der wiederum mit einem Harnflussmessgerät nach dem Luftverdrängungsprinzip verbunden war. Er konnte nun die Druckhöhe der Blasenkontraktion vor und während der Miktion aufzeichnen. Dabei interessierte ihn lediglich das Druckverhalten bei Miktionsbeginn und der Druckabfall in der Blase bis zum Ende der Miktion. Der maximale Uroflow und die Uroflowkurve waren für ihn ohne Bedeutung. Nach diesen Untersuchungen entwickelte er die Lehre, dass die Miktion durch aktive primäre Sphinkter-Erschlaffung eingeleitet und unterhalten wird (O. Schwarz, 1926).
Seine zweite wichtige Publikation beschäftigte sich mit der Innervation der Blase (Virchow's Archiv, 1900). Dazu führte er zwischen 1897 und 1899 an 45 männlichen Hunden Stimulationsversuche am N. hypogastricus und N. erigens durch und beschrieb die Reaktion des Detrusors und des Sphinkters. Im Ergebnis seiner Erkenntnisse lehnte er die Theorie von M. v. Zeissl (1896) ab, der glaubte, dass sowohl der N. pelvicus (=N. erigens) als auch der N. hypogastricus aktivierende und hemmende Fasern enthalten müsste.
Auch wenn seine Theorien später verworfen wurden, so waren seine experimentellen und klinischen Versuche für die nächste Generation von großem Wert und wurden im Handbuch für Urologie durch O. Schwarz (1926) ausführlich gewürdigt.
Warum sich Eugen Rehfisch in den nächsten Jahren der Kardiologie zuwandte, können wir bislang nicht erklären. Es finden sich Hinweise auf Vorträge im Verein für Innere Medizin in Berlin und mehrere ausführliche Publikationen in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift zwischen 1904 und 1918, die mit der gleichen Gründlichkeit wie die urodynamischen Veröffentlichungen vorbereitet worden waren. Er setzte sich hier mit Herzrhythmusstörungen, mit Endocarditis sowie der Elektrokardiographie und Herzfunktions-
untersuchungen auseinander. Wenngleich sich Eugen Rehfisch vorzeitig von der Urologie verabschiedete, hat er mit seiner modernen Versuchsordnung (Abb. 1) einen Meilenstein auf dem Weg zur modernen urologischen Funktionsdiagnostik hinterlassen. Diese Tatsache veranlasste das Forum Urodynamicum den Innovationspreis nach ihm zu benennen.
Der Katheter K kann durch den Dreiwegehahn D mit der Spritze S oder dem Gad´schen Blutdruckmanometer M verbunden werden. Stellung I des Zapfens zeigt die Verbindung mit der Spritze. Stellung II die Verbindung mit dem Manometer. Aus der Blase B fliesst der Inhalt durch den Trichter T in die Flasche F und setzt durch den Luftschlauch L den Volumenschreiber V in Bewegung. Das Manometer M schreibt die Druckkurve AB, der Volumenschreiber V die Volumenkurve CD auf der Schreibtrommel ST.